Information Governance (IG) bezeichnet den strategischen Rahmen für den Umgang mit Informationen in einer Organisation. Es handelt sich um einen ganzheitlichen Ansatz, der über die reine IT-Datenspeicherung hinausgeht und Richtlinien, Prozesse, Technologien und Verantwortlichkeiten definiert, um den Wert von Informationen zu maximieren und gleichzeitig die damit verbundenen Risiken und Kosten zu minimieren.
IG fungiert als das organisatorische Dach, das verschiedene Disziplinen wie IT-Sicherheit, Datenschutz, Records Management (Schriftgutverwaltung), rechtliche Compliance und den operativen Geschäftsbetrieb verbindet. Ziel ist es, sicherzustellen, dass Informationen vertrauenswürdig, sicher, zugänglich und rechtskonform sind – und zwar über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg.
Der Unterschied zu reinem Datenmanagement
Während Datenmanagement sich oft auf die technischen Aspekte der Speicherung, Qualität und Verfügbarkeit konzentriert, stellt Information Governance die Frage nach dem „Warum“ und „Wie lange“.
In vielen Unternehmen herrscht das Prinzip des „Data Hoarding“ – es wird alles für immer gespeichert, „falls man es noch mal braucht“. Information Governance durchbricht dieses Muster. Es etabliert Regeln, die festlegen:
- Was ist eine geschäftsrelevante Information (Record)?
- Wie lange muss sie aufbewahrt werden (gesetzliche Fristen)?
- Wann darf oder muss sie gelöscht werden (Datenschutz)?
Die Kernkomponenten der Information Governance
Eine funktionierende IG-Strategie stützt sich auf mehrere Säulen:
Compliance und Recht
Hier werden gesetzliche Anforderungen (wie DSGVO, GoBD, HGB) in interne Richtlinien übersetzt. Dies umfasst Aufbewahrungsfristen und die Vorbereitung auf E-Discovery-Anfragen (elektronische Beweismittelsuche) im Falle von Rechtsstreitigkeiten.
IT-Sicherheit und Datenschutz
IG definiert Klassifizierungen für Informationen (z. B. „öffentlich“, „intern“, „streng vertraulich“). Darauf basierend setzt die IT technische Schutzmaßnahmen um, etwa Zugriffsrechte oder Verschlüsselung, um Datenlecks zu verhindern.
Records Management
Dies ist die Verwaltung von geschäftlich relevanten Dokumenten. IG sorgt dafür, dass diese Dokumente unveränderbar, auffindbar und kontextbezogen archiviert werden, um die Nachvollziehbarkeit von Geschäftsentscheidungen zu gewährleisten.
Das Prinzip der „Defensive Deletion“
Ein zentraler Begriff in der Information Governance ist die defensive Löschung. Daten, die keinen geschäftlichen Wert mehr haben und deren gesetzliche Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist, stellen ein Risiko dar (Toxic Data). Sie verursachen Speicherkosten, erschweren die Suche nach relevanten Inhalten und können bei einem Cyberangriff oder Datenschutzverstoß unnötigen Schaden anrichten. IG schafft die rechtssichere Basis, um diese Daten systematisch zu löschen.
Abgrenzung: Information Governance vs. Data Governance
Obwohl die Begriffe oft überlappen, gibt es eine Unterscheidung in der Flughöhe:
- Data Governance: Befasst sich eher auf granularer Ebene mit der Datenqualität, Datenherkunft (Lineage), Stammdatenmanagement und der technischen Struktur von Datenfeldern.
- Information Governance: Befasst sich auf strategischer Ebene mit dem Inhalt, dem Kontext, dem Risiko, der Compliance und dem Lebenszyklus der Informationen.
Fazit
Information Governance ist die Antwort auf die explodierende Datenmenge in Unternehmen. Sie wandelt unstrukturierte Datenansammlungen in ein gesteuertes Informationsvermögen um. Ohne IG riskieren Unternehmen nicht nur hohe Bußgelder und Speicherineffizienz, sondern verlieren in der Masse an Daten den Blick für das Wesentliche.