Die Begriffe Greenfield und Brownfield stammen ursprünglich aus dem Baubereich: Ein Greenfield-Projekt beginnt auf unbebautem Land, ein Brownfield auf bereits genutztem Gelände. In der IT- und Softwareentwicklung übertragen wir diese Metapher auf Systeme und Architektur.
Ein Greenfield-Vorhaben startet ohne Altbestand. Sie haben keine Legacy-Code, historische Datenbankrestriktionen oder technische Altlasten. Sie planen von Grund auf neu, mit aktuellen Technologien, Architekturprinzipien und Prozessen.
Ein Brownfield-Projekt hingegen wird in ein bestehendes System integriert oder darin weiterentwickelt. Sie müssen Rücksicht nehmen auf bestehende Schnittstellen, Datenmodelle, Abhängigkeiten und technische Schulden.
Eine Umfrage unter SAP-Implementierungen von Panaya zeigt: 31 % der Unternehmen setzen auf Brownfield-Ansätze, während nur 14 % den Greenfield-Ansatz wählen. Diese Verteilung deutet an, dass viele Organisationen pragmatisch bestehende Systeme weiterentwickeln, statt komplett neu zu starten.
Vorteile und Nachteile beider Ansätze
Greenfield – Vorzüge und Risiken
Vorteile:
- Höchste Flexibilität bei Architektur, Technologie und Design
- Moderne, schlanke Lösungen ohne Altlasten
- Bessere Skalierbarkeit und saubere Codebasis
Herausforderungen:
- Höheres Risiko, da Unbekanntes neu gestaltet wird
- Oft längere Entwicklungszeit, weil alles neu konzipiert werden muss
- Anfangs höhere Kosten durch Entwicklung aller Komponenten
Brownfield – Vorzüge und Risiken
Vorteile:
- Nutzung vorhandener Infrastruktur und Komponenten
- Schnellere Time-to-Market durch Wiederverwendung
- Gesteigerte Akzeptanz bei Nutzenden, da Bekanntes bleibt
Herausforderungen:
- Technische Restriktionen durch Altcode oder eng gekoppeltes Design
- Komplexere Migrationslogik und Integrationsaufwand
- Gefahr von technischen Schulden, wenn nicht sauber modernisiert wird
Strategische Entscheidung: Greenfield oder Brownfield?
Bei der Entscheidung kommen mehrere Faktoren ins Spiel:
- Zeit & Budget: Wenn Ressourcen knapp sind, spricht vieles für eine Evolutionsstrategie (Brownfield).
- Innovation & Zukunftssicherheit: Wenn Sie neue Technologien wie KI, Microservices oder Cloud-native Ansätze einsetzen wollen, kann Greenfield die bessere Wahl sein.
- Risiko-Toleranz: Bei sicherheitskritischen Systemen kann es riskanter sein, Altstrukturen umfassend zu ersetzen.
- Bestandsqualität: Wenn das bestehende System flexibel ist und sauber modularisiert wurde, lohnt sich oft ein Brownfield-Upgrade.
- Kund:innenanforderungen & Geschäftsnutzen: Manchmal verlangt der Markt schnelle Änderungen – dann ist der pragmatische Weg oft der richtige.
Ein mögliches Vorgehen: Starten Sie zunächst mit einem kleinen Greenfield-Modul, testen Sie neuere Technologien und erweitern Sie schrittweise den Bestand. So kombinieren Sie das Beste beider Ansätze.
Beispiele aus der Praxis
- Greenfield-Beispiel: Ein Unternehmen möchte ein neues CRM-System mit Microservices und Cloud-Native-Architektur bauen. Es beginnt von null, ohne Altlasten.
- Brownfield-Beispiel: Ein ERP-System wurde über Jahre gewachsen eingeführt. Nun soll ein neues Modul (z. B. Dokumentenmanagement) integriert werden. Die bestehende Datenstruktur bleibt erhalten, und neue Funktionalität greift darauf zu.
In manchen Fällen lässt sich ein Hybridansatz fahren: Ein Kernsystem bleibt bestehen (Brownfield), daneben entwickelt man parallele Greenfield-Module, die später integriert werden.
Fazit
Greenfield und Brownfield sind keine Gegensätze, sondern Optionen auf einem Spektrum. Die „richtige“ Wahl gibt es selten pauschal – es geht darum, die Strategie auf Ihre spezifische Situation auszurichten. Mit klarem Blick auf Risiken, Ressourcen und Ziele gelingt der Weg zu einer zukunftsfähigen Architektur – egal ob Sie neu starten oder evolvieren.